Gemeinsam mit Vinyl Plus hat Perlen Packaging ein Webinar mit dem Schwerpunkt PVC - Nachhaltigkeit und Umwelt gehalten.
Perlen Packaging, eine international tätige Unternehmensgruppe in der Folienherstellung und -beschichtung mit Hauptsitz in Perlen, ist spezialisiert auf die Herstellung von PVC basierten Blisterfolien für pharmazeutische Primärverpackungen.
Vinyl Plus ist ein Programm mit der freiwilligen Selbstverpflichtung der europäischen PVC-Industrie zur nachhaltigen Entwicklung der gesamten PVC-Wertschöpfungskette. Gemeinsam mit dem Technischen Direktor von Vinyl Plus, Stefan Eingärtner, und Detlef Wolters, Head of Technical Service der Perlen Packaging wurden Fragen rund um das Thema betrachtet.
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Welche Initiativen startet Perlen Packaging in Zusammenarbeit mit Vinyl Plus für die PVC-Industrie bezüglich der Circular Economy?
Detlef Wolters:
VinylPlus hat sich bereits verpflichtet bis 2025 min. 900.000 to PVC zu recyclen. Davon wurden im Jahr 2018 bereits knapp 740.000 to erreicht. Die VinylPlus Inititative «Recovinyl» bietet dabei eine Plattform an, bei der sich PVC-Recycler zertifizieren lassen können und dann als Anbieter für Interessenten auftreten. Auf diese Weise werden Abfallanbieter und Verwerter zielgerichtet zusammengebracht. Hervorzuheben ist, dass PVC Recyclat dann hauptsächlich in langlebigen Gütern wie Fensterprofile und als Konstruktionshilfsmittel für die Bauindustrie verwendet werden, was ein sehr nachhaltiges Recycling darstellt.
Daneben verfolgen wir als Hersteller natürlich auch die Anforderungen der Recycler an unser Material sehr genau. Besonders anspruchsvoll für uns als Hersteller des Bodenmaterials von Pharma-Tablettenblistern, ist die Aluminium-Durchdrückfolie. Sie wird heute fast untrennbar mit unserer Folie verbunden und beeinträchtigt dadurch das Recycling in Neuwarenqualität. Aber selbst das erlaubt ein Recycling, was im nachfolgenden Teil näher erläutert wird. Zusätzlich arbeiten wir an Lösungen, welche die Aluminiumfolie in der Zukunft ersetzen könnten und ein Schritt zur Circular Economy darstellt. So könnte z.B. ein Pharmablister nach der Wiederaufbereitung in eine Sekundärverpackung einfliessen, wie sie z.B. für die Verpackung von Spritzen eingesetzt wird. Da wir keine Weichmacher verwenden, ist dies problemlos möglich. Eines der Hauptprobleme sehen wir momentan in der fehlenden Sammlung von Pharmablistern. Ein Sammelsystem für Pharmablister hat es in Deutschland bereits einmal gegeben; Tablettenblister wurden über Apotheken zurückgenommen, aber das Sammelsystem ist der Einführung des «Gelben Sack» zum Opfer gefallen, was sehr schade ist, da die Blister so nun der thermischen Verwertung zugeführt werden. Zumindest hinsichtlich der früher diskutierten Dioxin- und Chlorbelastung in kommunalen Verbrennungsanlagen verursacht dies heute keinerlei Probleme mehr.
Wie steht Perlen Packaging zur Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen (Bio PVC)? Ist dies möglich oder geplant?
Detlef Wolters:
Aktuell sehen wir nachwachsende Rohstoffe nicht als Option an. Der Verbrauch von Ackerland für Chemieprodukte, ist ethisch nicht unproblematisch, da dadurch ja Land zur Erzeugung von Lebensmitteln verloren geht und das in irgendeiner Weise zur Verteuerung der Lebensmittel auf dem Weltmarkt führen muss – speziell bei einer wachsenden Weltbevölkerung. Aus pflanzlichen Grundstoffen Kunststoffe herzustellen verbraucht relativ viel Ressourcen bei Anbau, Düngung und chemischer Umsetzung. Wenn diese Kunststoffe dann noch als «kompostierbar» klassifiziert werden, dann greift auch die Thematik «Mikroplastik», da alle verarbeiteten Kunststoffe ja bis zu 5% nicht biologisch abbaubare Additive, Farben usw. enthalten dürfen. Auch die Thematik der eigentlichen Abbaubarkeit überzeugt nicht. Den meisten Verbrauchern ist ja nicht bewusst, dass «kompostierbar» in den meisten Fällen spezielle Bedingungen wie Temperatur und Feuchtigkeit voraussetzt und diese meist nur unter industriellen Bedingungen erreicht werden. Da entsprechende Verwertungsketten aktuell nur in kleinem Massstab vorhanden sind, wird aktuell kompostierbarer Kunststoff einfach aus dem Recyclingstrom aussortiert und meist verbrannt. Zusätzlich sollte man sich bei einer Kompostierung vergegenwärtigen, dass dadurch der Kunststoff im Wesentlichen zu CO2 und Wasser zerfällt und dafür noch zusätzlich Energie für die Kompostierung eingebracht werden muss, wohingegen bei einer Verbrennung die gleichen Zersetzungsprodukte entstehen, aber Energie aus dem Kunststoff gewonnen werden kann.
Welche Recycling Möglichkeiten gibt es für PVC-basierte Pharmaverpackungen?
Detlef Wolters:
Hier muss man differenzieren zwischen Produktionsabfällen und den nach Nutzung durch den Kunden entstehenden Abfällen.
Die Produktionsabfälle werden bereits heute zu einem grossen Teil recycelt. Wir lassen zum Beispiel aus den Produktionsabfällen Wickelhülsen fertigen, auf die wir aus hygienischen Gründen unsere Pharmafolien aufwickeln, damit durch den Einsatz von Hülsen aus Pappe in der Pharmaproduktion keine Kontaminierung stattfindet.
Aber auch für die fertigen Tablettenblister gibt es heute bereits Recyclingmöglichkeiten. Ein Unternehmen in Deutschland bezieht zum Beispiel die Blisterabfälle einiger unserer Kunden auf direktem Wege und trennt in einem speziellen Verfahren die Aluminiumfolie vom PVC. Das PVC Pulver wird dann an Kunden der Bauindustrie verkauft, die das Material in die Kernschicht von Kunststoff-Fenstern, Rohren oder z.B. für Abstandshalter bei der Betonierung verwenden. Die Pharmablister haben so meist ein über weitere Jahrzehnte gehende, zweite Verwendung vor sich. Was Pharmablister nach der Verwendung der Kunden betrifft, so gibt es noch keine zufriedenstellende Lösung. Gab er vor einigen Jahren noch eine zentrale Sammlung von Blistern in Apotheken, so gehen die gebrauchten Blister heute in den Abfall oder, in Deutschland, über den gelben Sack zu den Entsorgern. Anschliessend ist der übliche Weg die Verbrennung, wie übrigens bei allen Kleinkunststoffverpackungen von geringem Gewicht. Eine Trennung ist bei diesen Kleinstmengen heute noch nicht wirtschaftlich darstellbar. Zusätzlich kommt bei Blistern von Endverbrauchern noch die Gefahr der nicht vollständigen Entleerung dazu. Einige Medikamente haben auch in geringen Mengen biogene Wirkung und bei einigen wird sogar eine Verbrennung oberhalb von 800°C empfohlen und da ist seitens eines Recyclers eine erhebliche Verantwortung, die im Zweifelsfall immer zur Verbrennung des Blisters führen wird. Eine Möglichkeit Post-Consumer Blister zu entsorgen wäre auch noch das VinyLoop Verfahren, ein chemisches Recyclingverfahren, welches schon in der Praxis zum Einsatz kam, aber letztendlich an bürokratischen Hürden und fehlender Sammlungsströme scheiterte. Das Prinzip funktioniert aber und müsste organisatorisch neu aufgestellt werden.
Wir als Perlen Packaging tragen momentan unseren Teil zur Circular Economy mit der Entwicklung eines PVC-Einstoff-Blisters bei. Wir erreichen dies aus der Kombination unserer thermoverformbaren PVC-Bodenfolien mit einer durchdrückbaren PVC Deckelfolie, welche den Anforderungen nach vollständiger Rezyklierfähigkeit entspricht. Daraus rezykliertes Material aus Pharmablistern könnte nach der Wiederaufbereitung als Sekundärverpackung wieder in den Kreislauf einfliessen.
Wie sieht es mit der Oekobilanz (LCA= Life Cycle Assessment) für PVC aus. Wie steht PVC im Vergleich zu anderen Kunststoffen?
Detlef Wolters:
Aktuell hat die Firma Perlen Packaging eine LCA Studie erstellen lassen und die erhaltenen Daten haben uns doch überrascht. In Bezug auf Klimarelevanz und Umwelteinfluss schneidet die Verarbeitung von PVC zu Pharmafolien und auch die oft folgende Barrierebeschichtung mit PVdC hervorragend ab. Das liegt natürlich einerseits an dem seit Jahren durchgeführten Energiemanagementsystem der Perlen Packaging, was zu deutlichen Effizienzen geführt hat, aber natürlich auch am konsequenten Einsatz von 100% erneuerbarem Strom in unserem deutschen Werk, verbunden mit dem schon sehr klimafreundlichen Strommix für unser Schweizer Beschichtungswerk, wo zusätzlich noch der hohe Wärmebedarf zur Trocknung der wässrigen Beschichtung aus der benachbarten kantonalen Müllverbrennungsanlage bezogen wird. Auch der Salzanteil im Chlor, 57%, trägt dazu bei, dass viel weniger Erdöl für die Herstellung benötigt wird als bei vielen anderen Kunststoffen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Rohstoffeinfluss bei Klimarelevanz und Umwelteinfluss ca. zwei Drittel bis drei Viertel beträgt und die Entsorgung nach Gebrauch durch die Endkunden nochmals ca. 10-20% beisteuert. Die Perlen Packaging hat in der Verarbeitungskette mit den bereits durchgeführten Massnahmen mittlerweile einen sehr geringen Umwelteinfluss realisieren können, der weniger als 10% der Verarbeitungs- und Nutzungskette ausmacht.
Aktuell sind wir nun dabei zu evaluieren, wie die potentiellen Vergleichskunststoffe gegenüber PVC abschneiden. Leider gibt es hier bisher sehr wenig Literaturdaten. So werden wir wohl auf Basis anerkannter Datensätze eine eigene komparative Studie beauftragen, um eine belastbare Vergleichsdatenbasis über PVC und die verfügbaren Vergleichskunststoffen zu erhalten.
Auf Basis der vorliegenden Daten haben wir erste Hinweise, dass sich PVC durchaus mit anderen Kunststoffen messen kann, was Umwelteinfluss und Klimaauswirkungen betrifft. Bei der Verarbeitung zu Pharmablistern bietet PVC wesentliche Vorteile, wie z.B. die problemlose Verarbeitung auf den Kundenmaschinen, welche auf einem breiten Verarbeitungsfenster und sehr guten Tiefzieh- und Siegeleigenschaften beruht. Zusätzlich sind mit PVdC Höchstbarrieren zu erreichen, wie sie heute in der High-Tech Medizin für ihre Produkte gefordert werden. Das eben auch diese Folien problemlos von den Kunden verarbeitbar sind, dass macht heute einen grossen Teil einer effizienten Verpackung im Bereich der Tablettenverpackung aus.
Welche Aktivitäten plant Perlen Packaging für die Zukunft?
Detlef Wolters:
Die oben erwähnte Vergleichsstudie hat für uns eine Schlüsselfunktion, da sie die weiteren Zukunftsaktivitäten massgeblich beeinflussen wird. Kein Unternehmen kann es sich heute leisten Schlüsselthemen wie Klimarelevanz und Umwelteinfluss in der Entwicklung zu ignorieren. Das hätte fatale Folgen für die zukünftige Marktstellung des Unternehmens.
Aktuell existiert eine Roadmap, welche Wege für ein Basismaterial aufzeigt, ein Hochbarrierematerial und eine Ultra-Hochbarriere, welche alle den Forderungen nach «Circular Economy», also voller Rezyklierbarkeit, entsprechen. Dabei wird auch nicht vergessen, dass die heutige Aluminiumfolie auf einem Pharmablister noch das grösste Hindernis auf dem Weg zur Circular Economy darstellt, da diese Folie einen Fremdstoff im Kunststoff-Recycling darstellt.
Letztendlich wünschen wir uns in der Diskussion um den geeignetsten Pharma Blister-Kunststoff eine Objektivität, welche den grössten Nutzen für die Umwelt über die gesamte Prozesskette betrachtet. Vor- und Nachteile in Bezug auf Herstellung, Verarbeitung, Verwendung und Wiederverwertung der Rohstoffe sollten hierbei einfliessen. Wir wollen sicherstellen, dass keine vorgefassten Meinungen ohne Prüfung der heute verfügbaren Daten und Tatsachen die Diskussion beherrschen, denn wir sind uns sicher, dass unter einer objektiven, ganzheitlichen Betrachtung PVC eine positive Zukunft hat.